Einen alten Baum…
28. März 2024
… versetzt oder – in diesem Zusammenhang wohl besser – fällt man nicht (leichtfertig).
Bei der derzeitigen Rechtslage mit den umfassenden Prüf- und Sicherungspflichten sehen sich aber viele Baumeigentümer/innen gezwungen, frühzeitig und ohne gewichtigen Grund Bäume zurückzuschneiden oder gar zu fällen. So wollen sie dem teilweise unvorhersehbaren Haftungssystem zuvorkommen.
(Quelle: adobeStock_#80921295)
Damit eine klare rechtliche Situation herbeigeführt werden kann, haben die österreichischen
Umweltanwaltschaften eine Petition an den Nationalrat gerichtet. Ziel ist die Änderung bzw.
Ergänzung der Haftungsbestimmungen im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch und im Forstgesetz.
Durch die Einführung der Haftung ab grober Fahrlässigkeit würde es zu einer Vereinheitlichung der
Regelung kommen und keine Unterscheidung mehr zwischen Wege- und Baumhalter/in bestehen.
Zusammengefasst sollte der/die Waldeigentümer/in nicht für waldtypische Gefahren (Astbruch,
Baumsturz udgl.) haften – auch nicht auf Wegen außerhalb des Waldes. Der Vorschlag der
österreichischen Umweltanwaltschaften würde also nicht nur mehr Baumschutz bedeuten, sondern
auch mehr Eigenverantwortung der Erholungssuchenden und weniger Haftungsprobleme für
Waldbesitzer/innen.
Obwohl die österreichischen Umweltanwaltschaften einen fundierten Entwurf zur optimalen Lösung
der (offenen) Haftungsfragen vorgelegt haben, bleibt die nunmehr vorliegende Regierungsvorlage
zum Haftungsrechts-Änderungsgesetz einiges schuldig. Defacto kommt es dadurch zu einer
Differenzierung zwischen Wege- und Baumhalter/in bei Haftungsfragen. Ist der Baum rechtlich
dem/der Wegehalter/in zuzurechnen, führt ein Schadenseintritt erst ab grober Fahrlässigkeit zur
Haftung – der/die Baumhalter/in hingegen würde für den gleichen Schaden vom selben rechtlich
ihm/ihr zurechenbaren Baum bereits ab leichter Fahrlässigkeit haften. Da hätten wir es also bei
demselben Baum – je nach Rechtsperspektive – mit zwei verschiedenen Graden der Haftung zu tun.
Das versteht niemand!
Zudem werden ökologisch besonders wichtige „Stadtbäume“ vom vorgeschlagenen Gesetzesentwurf
nicht erfasst, da auf die „natürliche“ Umgebung abgestellt wird. Bäume sind – unabhängig vom
Standort – jedenfalls für die Umgebung maßgeblich, was sich auch im Gesetzestext wiederspiegeln
muss.
Ein Lichtblick durch das ökologisch bedeutsame Dickicht der Baumkronen ist zumindest der Wegfall
der Beweislastumkehr. Der/die Beschuldigte muss laut dem Ministerialentwurf künftig also nicht
mehr den Beweis seiner/ihrer Unschuld erbringen. Zusammengefasst kann man somit sagen: das Gegenteil von gut ist gut gemeint.
Aus Sicht der österreichischen Umweltanwaltschaften sind für den gut gemeinten Vorstoß des Ministeriums drei Punkte offen:
- Generelle Einführung der Haftung bei Bäumen ab grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz
- Schutz für alle Bäume – auch Stadtbäume – denn sie gehören zur „Grünen Infrastruktur“
- Novelle auch das Forstrecht: zur Ausweitung des Haftungsprivilegs auf den gesamten Wald
(auch auf Waldwegen), zur Stärkung der Eigenverantwortung der Erholungssuchenden und
zur Entlastung der Waldbesitzer/innen
Es ist unverständlich, wenn eine klare rechtliche Regelung zum Baumschutz – wie der
Petitionsvorschlag der Umweltanwaltschaften – der Waldbesitzer entlastet, die Eigenverantwortung
der Erholungssuchenden stärkt und eine einheitliche Haftungsregelung für Bäum vorschlägt, in den
damit betrauten Ausschüssen und auch bei betroffenen Interessenvertretungen kommentarlos
verhallt ist.
Auf unserer Homepage finden Sie neben der angesprochenen Petition eine Klarstellung dazu
(Haftungsrechts-Änderungsgesetz 2024: gemeinsame Stellungnahme der österreichischen
Umweltanwaltschaften) sowie die Stellungnahme zum Ministerialentwurf. Die mittlerweile verfasste
Regierungsvorlage zum bzw. wie es mit dem Haftungsrechts-Änderungsgesetz weiter geht, finden Sie
auf der Homepage des Parlamentes.
Donnerstag, 22. Februar 2024
Haftungsrechts-Änderungsgesetz 2024: gemeinsame Stellungnahme der österreichischen Umweltanwaltschaften
zum Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem zur Lösung haftungsrechtlicher Fragen bei Bäumen das ABGB geändert wird. Zudem wurde dem Präsidenten des Nationalrates die Petition zur Baumhaftung – Anregung zur Adaptierung des ABGB und des ForstG – überreicht.
Mehr Informationen dazu ...